der kämpfende polit
politische soldaten der neomoderne
auf dieser seite versuche ich ein erfassen des kämpfenden menschen in seiner eigenschaft als ein politischer soldat, d.h. in jener ausrichtung des kämpfertums, zu welcher vordergründig nicht alle menschen prädestiniert erscheinen, welcher aber prinzipiell jeder mensch im prozess fortschreitender politisierung der gesellschaft untergeordnet werden kann. den politischen soldaten kennen wir in seinen ideologischen ausprägungen als historisches phänomen der neuzeit seit den ruhmvollen kriegen des revolutionären frankreich und finden seine formungen im 20. und 21.jh. vom bolschewismus über den faschismus bis zu den nationalen befreiungsbewegungen der dritten welt und den gotteskriegern des politischen islam. seine politisch-ideologische ausrichtung überschreitet zwar die prinzipien allgemeinen kämpfertums, indes bleibt er auch als kämpfender polit und kriegsmann in diesen verwurzelt und ihnen insbesondere im kampf wider seinesgleichen verpflichtet. wie alles kämpfertum sieht auch der politische soldat des zukünftigen revolutionären machtstaates seinen widersacher grenzübergreifend im reinen zivilisten, im homo oeconomicus, im liberalistisch-kapitalistisch geprägten pazifizierten bürgertum als dem derzeitigen träger fortschreitender dekadenz und geistesarmut.
völlig in die irre geht die annahme vieler oberflächlich denkender bildungsbürger und noch weltfemder jugendlicher, daß die bildung und der einfluß der zivilgesellschaft das individuum notwendigerweise der kriegerischen einflußnahme und aggressiven herausforderung entziehen werde, denn auch wo sich fülle dem zweifel zugesellt, bekehrt man sich gerne zur gewalt (ernst jünger). gehobene bildung mag emotionen glätten und sichtweisen der wirklichkeit relativieren, indes mildert sie nicht den intellektuellen und praktischen vollzug des notwendigen - im gegenteil: sie rationalisiert diesen. die bürgerliche gesellschaft bestätigt in ihrer geschichte durchaus den notwendigen hohen bildungsgrad der soldaten und militärs sowie aller in ein kampfgeschehen involvierten oder ihm zuarbeitenden gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen kräfte. dem kämpfenden menschen sind geist, bildung, wissen und erkenntnis waffen des kampfes und dienen ihm gleichermaßen zu dessen technischem vollzug, als auch zur politischen und philosophischen fundierung der gewalt und ihrer vollstreckung im politischen raum. bei ausweitung des revolutionären machtstaates zum planetaren imperium wird es notwendigerweise zu einer weitgehenden ineinssetzung von staat und gesellschaft kommen, wobei alle bereiche menschlichen daseins nach einer denkbaren phase konsumorientierter helotisierung zunehmend der politischen mobilmachung untergeordnet werden. es ist anzunehmen, daß am ende der expansionsphase des weltstaates auch eine aufhebung der unterschiede herkömmlichen kämpfertums und politischen soldatentums vollzogen sein wird.
vorab nochmals in aller deutlichkeit: hinter das durch den liberalismus aufgeworfene, in nordamerika proklamierte und durch das revolutionäre frankreich zur fortschreitenden wirklichkeit gebrachte notwendige prinzip grundsätzlicher politischer und entwicklungsfähiger gesellschaftlicher egalität kann historisch nicht mehr zurückgegangen werden. jeder mensch hat potentiell als ein kämpfender polit der neomoderne und des zukünftigen revolutionären weltstaates zu gelten, d.h. er ist gleichermaßen produzent und konsument, individuum und kollektivwesen, arbeiter und akademiker, bürger und soldat, resp. politischer soldat. der mensch erhebt sich hierdurch zum "epochalen typus", zu dem sich ein jeder gestalten soll, um geschichte mitzuformen und mitzutragen, "unerschöpflich darin, verantwortungsvolle gestaltungskräfte aufzurufen" (hugo fischer) und die universelle wirklichkeit notwendig zu vollziehen.
gleiches gilt in bezug auf die demokratisierende fundamentalpolitisierung der massen. die politisch zum neuzeitlichen demos/populus formierten egalisierten massen sind eine konstituierende der moderne, hinter welche unmöglich zurückgegangen werden kann. dies wäre im hinblick auf eine mögliche oder gar notwendige politische und militärische massenmobilisation vom standpunkt des revolutionären machtstaates aus auch nicht wünschenswert. masse, technik und politische macht bedingen einander und können nur im weitgehenden miteinander notwendige strukturveränderungen planetaren ausmaßes bewirken und gestalten.
da der neue revolutionäre machtstaat sowohl während seiner expansion, als auch nach seiner konsolidierung den primat des politischen erklärt und durchsetzt, werden seine kämpfer und bewahrer zwangsläufig politische soldaten sein und u.u. auch nach der setzung vollkommener staatlichkeit bleiben müssen.
der kämpfende polit des revolutionären weltstaates ist der kosmopolit der neomoderne, der neue etatistische weltbürger und planetare arbeiter-soldat. als solcher ist er einzig dem globalen machtstaat und dessen konstituierung, ausdehnung und vollendung verpflichtet und der nationalstaatlichen kleinbürgerei und partikularität vollständig enthoben. leitender gedanke seines politischen handelns ist die unbedingte staatsräson des revolutionären planetaren imperiums und seines machtstaates, welcher als der universelle vollzug der historischen vernunft in der weltgeschichte zu begreifen ist.
das ringen der totalitarismen und die weltkriege hinterließen die beteiligten gesellschaften in politischer, mentaler und physischer erschöpfung und brachte die formierung der besitzführenden kleinbürgergesellschaft, agambens "planetarisches kleinbürgertum", in dessen "gestalt" nach seinen worten "die menschheit den nihilismus überlebte". ohne klassenbewußtsein, unauthentisch, anmaßend und konform, dem demokratischen spectaculum ergeben, ist ihm politik die sinnentleerung aller bindungen, überlieferungen, identitäten und gemeinschaften. der "planetarische kleinbürger" als ausgeburt und träger einer antiheroischen postmoderne gleicht nietzsches "letztem menschen" mit der ausnahme, daß er nicht wie jener am längsten lebt, sondern bereits in seine letzte metamorphose eingetreten ist. der durch eigentum, besitz, warenverkehr und kontinuierliches arbeitsleben gekennzeichnete und geprägte, bereits massenmedialisierte postmoderne mensch erfährt nach rifkin im 21. jh. seine ablösung durch jenen sich formierenden archetypus eines "proteischen menschen" (robert j. lifton), welchem es zur natur geworden ist, einen teil seines lebens im cyberspace als von ihm anerkannte realität zu verbringen. er bewegt sich simultan in parallelwelten und geschlossenen communities, wirtschaft ist ihm konsum, leasing und dienstleistung, alltagsleben eine teilhabe durch zugang, vernetzung, verspieltheit in möglichkeiten. subjektives erleben birgt ihm das fiktionale als multiple realitäten inklusive deren relativität, und wo alles interaktive kommunikation ist, wird die welt ein konstrukt von szenarien und zur bühne dramatischer selbstdarstellung und selbsterfüllung in permanenz. das stringente denken in linearer kausalität weicht einer kybernetischen interdependenz in anpassung an konkurrierende systeme und deren fragmentarische und prozesshafte handhabung. das vormals autonome subjekt mutiert zu einer schnittstelle, einem knotenpunkt eines sich ständig verändernden netzwerkes, ohne eigentliche persönliche geschichte und unter auslöschung jeglichen historischen bewußtseins. obgleich der proteische mensch nach rifkin statt eigentum zugang ("access") und teilhabe präferiert, bleibt er unserer auffassung nach auch als teilhaber, user und selbstfixierter darsteller in multiplen rollen und wechselnden identitäten vorrangig konsument innerhalb der sich entwickelnden industrie- und kommunikationsgesellschaft und abhängig von deren industriellen produktion, selbst wenn sich diese mitsamt des hierdurch hervorgebrachten industrieproletariats (wie slavoj zizek richtig bemerkt) vermehrt in die schwellenländer verlagert. wer also ist der proteische mensch rifkins und liftons anderes, als der vereinzelte, selbstfixierte, fragmentierte und ins autistische gesteigerte konsumhedonist der postmoderne, ein im kern apolitischer helote, dessen konsum- und erlebnisfreudigkeit ihn zwar einerseits innerhalb des spätkapitalistischen systems der ausbeutung durch wirtschaft und informationsmagnaten anheim fallen lassen kann, welcher aber andererseits durch gesellschaftliche und politische bindungslosigkeit sowie flexibilität seines kulturellen und ökonomischen wesens bestens vorbereitet ist, dem neomodernen weltstaat bereits weitgehend egalisierte massen zu stellen. das zeitalter der neomoderne und der zukünftige revolutionäre machtstaat können letztlich nur entstehen und bestehen, wenn wir es vermögen, aus dem bereits vorhandenen zu schöpfen und den lebenden menschen zum verantwortungsvollen kämpfenden politen zu formen. der heutige proteische konsumhedonist wird den kämpfenden menschen der zukunft, den politischen soldaten des cyberspace, den politen der neomoderne und träger des weltstaates abgeben.
der bedingungslos individualisierte kleinbürger der postmoderne begreift sich nicht mehr als akteur historischer und politischer prozeßhaftigkeit und ihrer beeinfluß- und veränderbaren daseinsmöglichkeiten. er reflektiert nicht mehr auf sein gewordenes dasein als ein vorläufiges ergebnis des zurückliegenden historischen prozesses in seiner vielschichtigen konkretwerdung und weiß sich somit nicht mehr in einen epochenübergreifenden, auch in die zukunft fortzeugenden gesamtprozeß verankert, weshalb ihm auch das bewußtsein seiner person als einer politischen, historischen und ontischen repräsentanz abhanden gekommen ist. seiner entfremdung vom historischen gesamtprozeß des menschengeschlechtes, dh. der einheit der menschheitsgeschichte korrespondiert eine radikale emanzipatrorische individuation zwecks singulärem und bewußt willkürlich gehaltenem entwurf einer ganz speziellen persönlichen "geschichte" in form eines selbstdarstellungs- und aufmerksamkeitsprozesses. die konstruierte und behauptete einheit einer individuellen lebensgeschichte ersetzt ihm das bewußtsein seiner epochalen repräsentanz als eines historischen typus. somit ist der aus dem "planetarischen kleinbürger" hervorgegangene "proteische" konsumhedonist der postmoderne gleichermaßen ahistorisch in seiner reflexion auf das menschengeschlecht, wie auch zutiefst apolitisch in der bewußten verortung seiner person im gesellschaftlichen kontext seiner zeit, welchen er lediglich selbstbezogen zu reflektieren sich in der lage sieht.
der kämpfende polit des revolutionären weltstaates der neomoderne muß herr werden über die gegensätze. er wird arbeiter und soldat, studierender und verwalter, herrschender und dienender sein. sein universalismus ist der wissenschaftliche anspruch und die politische durchsetzung der kosmopolitischen rationalität mit dem ziel des politischen und sozialen ausgleiches im dienste des vernunftbegabten, sich fortentwickelnden menschengeschlechts. seine aufgabe als politischer und sozialer regulator bedarf gleichermaßen der sozialen kompetenz wie umfassender sachkenntnisse und legitimer gewaltmittel. sein revolutionärer heroismus ist ein kühner wurf in die zukunft, sein nüchterner dezisionismus begründet tatverherrlichende militanz und konsequente verwerfung des opferdiskurses. sein bellizismus dient der politischen macht des neuen weltstaates und ist rein instrumenteller art und ausrichtung, woraus dem kämpfenden politen die pflicht der unterdrückung emotionaler aggressivität und persönlicher enthemmungen erwächst. seine heroische politisch-militante existenz fordert ein leben in risiko und gefahr, kampf und persönlichem einsatz im dienste der idee der errichtung des totalitären planetaren imperiums. der entgrenzung des nationalen korrespondiert eine kaltblütige, heimatlose staatsräson und im kern glaubenslose politisch-militärische professionalität. in dieser phase des historischen fortschritts soll dem politen der gute kampf gleich der guten sache gelten. im vollzug der errichtung neuer staatlichkeit bedarf der kämpfende polit somit als politischer aktivist der entbindung von bisher gültiger normativität und autoritätssetzung zugunsten seines vorläufigen durch die gesetze und zielsetzungen des weltstaates und dessen institutionen legitimierten und legalisierten politischen gewaltrechts.
(wird fortgesetzt)