pamphlete und schlimmeres

bei den folgenden schriftstücken handelt es sich um beiträge, leserbriefe, kommentare, mit welchen ich mich an diskussionen in öffentlichen publikationen beteiligt habe. ich betrachte sie somit - mit einem kleinen augenzwinkern durchaus etwas überhöhend - als kleine streitschriften. in der regel achte ich darauf, daß den themen nicht nur ein aktueller politischer, sondern auch ein geisteswissenschaftlicher aspekt zugrunde liegt. wird eine veröffentlichung des meinungsbeitrags erstrebt, ist es notwendig, die themen möglichst kurz abzuhandeln - eine den wissenschaftlichen prinzipien genügende beweisführung wird damit ebenso hinfällig wie eine themenbehandlung in epischer breite. zudem werden gelegentlich redaktionelle streichungen zwecks straffung oder unterdrückung unliebsamer und der political correctness nicht genügender meinung vorgenommen. ich betrachte meine beiträge zu öffentlich diskutierten themen vorrangig unter der zielsetzung der provokation - gleich einem fehdehandschuh, den ich in die arena werfe, auf daß der kampf entbrenne. hier gebe ich bei einer auswahl den originaltext wieder. 

(von den redaktionen verworfene schriftstücke unter der rubrik "ketzerschriften")

zu karl radek:

karl radek (bezeichnenderweise ein journalist), den ich durchaus schätze, kann ohne zweifel für die gesellschaftspolitische figur eines "tragischen intellektuellen", wie man ihn vorrangig im linken spektrum des öfteren verorten kann, beispielhaft stehen. er war in sämtlichen werken des deutschen generalstabs belesen, aber ohne wirklich brauchbare praktische kampf- und kriegserfahrung. in dieser hinsicht waren ihm viele rechtsintellektuelle und auch die alten chargen der bolschewiki einfach überlegen. selbst einen stalin sollte man in diesem punkt nicht unterschätzen, er kam aus dem milieu halbkrimineller georgischer clanstrukturen und reüssierte letztlich als reiner praktiker. wie viele linke vollblutideologen war radek zeitlebens auf der suche nach dem revolutionären subjekt, derweil andere ihre bataillone weniger nach couleur denn nach kampfkraft sammelten und einsetzten. in der beurteilung der revolutionären möglichkeiten einer kommunistischen bewegung in deutschland irrten die linken deutschen und russischen ideologen übrigens allesamt und mehrfach, da war radek keine ausnahme. heute suchen (halb)linke ideologen (oder was sich dafür hält) - die es intellektuell und auch in der politischen praxis mit einem radek niemals aufnehmen könnten - das ersehnte revolutionäre subjekt zwecks projektion ihrer ärmlichen ressentiments und wirren idealismen in den ungebildeten massen eines proletarisierten islam und werden, sobald sich unausweichlich die machtfrage stellt, wahrscheinlich und nicht unverdient auch wie radek enden. battle on.

(im november 2017)

zur armenisch-türkischen frage:

am wichtigsten in der sache des behaupteten völkermordes an den armeniern während des ersten weltkrieges wäre m.e. die einleitzung eines formalen prozessverfahrens vor einem internationalen gerichtshof mit dem ziel der feststellung oder ablehnung des tatbestandes des völkermordes unter zuvoriger öffnung der archive aller an den kampfhandlungen beteiligten staaten oder ihrer rechtsnachfolger. bedenklich bleibt die z.z. um sich greifende politisch motivierte festlegung via gesetzgebung auf eine offiziell erlaubte historische konsenslinie durch momentane parlamentarische mehrheiten, wie z.b. in frankreich geschehen. abgesehen davon, daß solche verfahrensweise die historische forschung, die freie meinungsbildung und den unabhängigen erkenntnisprozess behindert und einschränkt, sollte der straftatbestand genau definiert und ausreichend begründet sein - eine diffuse kriminalisierung politischer meinungsabweichungen durch die jeweilige nationale gesetzgebung entfremdet die gesellschaft den begriffen des politischen und historischen schlechthin. wir sollten immer bedenken, daß die politische zwangsharmonierung und homogenisierung der öffentlichkeit in einer gesellschaft permanenten zwangs zu konformität und selbstkontrolle endet. die türkische regierung mag mit ihren reaktionen politisch im unrecht sein, eine formale schuld muß indes erst noch festgestellt werden und solch ein urteilsspruch darf nicht von beliebigen mehrheiten und interessen abhängen.

(zeit januar 2012)

zum tode von muammar al-gadhafi:

mit seiner entscheidung, im lande zu verbleiben, hat muammar al-gadhafi sein ende durch einen gewaltakt bewußt in kauf genommen. durch waffengewalt in einem bürgerkrieg niedergestreckt zu werden, erscheint mir für einen ehemaligen offizier und langjährigen gewaltherrscher nicht der schlechteste tod. an der seiner gefangennahme folgenden liquidierung wäre bestenfalls die hysterie seiner häscher zu bemängeln. auch das verhalten gadhafis scheint mir untadelig - von einem verwundeten 69jährigen ist nach menschlichem ermessen kein gefahrbringender nahkampf mehr zu erwarten. wenn wir bereit sind, die dinge bei dem namen zu nennen, der ihnen zukommt: den kampf um macht, können wir im verhalten beider parteien nichts verwerfliches erkennen. auch wir, der westen, können unseren politischen und rechtlichen vorstellungen nur soweit durchsetzung gewährleisten, wie unsere z.z. überlegene waffenmacht reicht. das problem gadhafis im bisherigen machtkampf war nicht nur, wie durchaus richtig konstatiert wurde, seine fehleinschätzung des verhaltens des westens, sondern - wie der schnelle fall von tripolis zeigte - daß er trotz voller magazine über keine großflächig organisierte machtstruktur verfügte. er hätte macchiavelli und rousseau besser lesen sollen.

(beitrag zeit oktober 2011)

zur idee eines eu-beitritts tunesiens:

herr von randow, ich beglückwünsche sie für die kühnheit ihres denkens und wünsche uns eine fortzeugende diskussion unter der letztendlichen zielrichtung der m.e. notwendigen errichtung eines weltstaates. von paris aus sieht man die welt großzügiger als von berlin aus. der mittelmeerraum ist kultur-, ideen- und ereignisgeschichtlich ohne zweifel ein historisch gewachsener und sich politisch durchdringender großraum, welchen karl jaspers und andere ohne große umstände nebst vorderasien inklusive persien und rußland auch geistesgeschichtlich dem heute nordatlantischen abendlande zuordneten. für sie begann der osten, bzw. der orient erst in indien und bei den sibirischen turkvölkern. indes bleibt die frage, ob die jetzige eu als eine vorrangig ökonomische versorgungsgemeinschaft die richtige adresse abgibt, einen staatsgedanken der expansion in politische formen zu bringen und eine übergeordnete idee zu entwickeln, welche über die formel "wohlstand für alle" - auch bei schrumpfenden ressourcen - hinausweist. unser problem ist das zurückschrecken vor dem denken einer imperialen idee, gefolgt von unserem unwillen, eine solche idee, so wir sie denn hätten, politisch durchzusetzen. das ist nicht ohne verluste zu haben und würde alle beteiligten gesellschaften grundlegend verändern. die maghebinischen staaten (oder die türkei und rußland) wären da ein guter anfang - aber noch fehlt uns die übergeordnete idee und auch der wille zur gemeinsamen machtausübung.

(beitrag zeit mai 2011)

zum libyschen bürgerkrieg:

eine kriegskoalition unter maßgeblicher führung des friedensnobelpreisträgers obama hat unter äußerster interpretativer ausdehnung des völkerrechts und der un-resolution 1973 einen angriffskrieg gegen die libysche zentralregierung begonnen, dessen politische zielsetzungen bisher weder explizit formuliert, noch argumentativ einsichtig und stringent dargelegt sind. es wurde zugunsten einer bürgerkriegspartei, über deren zusammensetzung und politische programmatik wir nicht klar unterrichtet sind - man könnte sie auch als rebellierende "stämme" oder gar als kriminelle bewaffnete kräfte bezeichnen - militärisch eingegriffen, um dem druck einer durch teile der westlichen journaille und arabischer medien zielgerichtet manipulierten öffentlichkeit nachzugeben. ob die angriffe der kriegskoalition völkerrechtswidrig sind oder nicht, ist militärisch vorerst unerheblich. als ein politisches resultat zeichnet sich allerdings bereits nach wenigen tagen die zerschlagung vormals intakter säkularer strukturen in libyen und der niedergang staatlicher exekutivmacht in einer sich ohnehin bereits destabilisierenden region ab. klaus welzel gebrauchte in einem seiner kommentare warnend den begriff des "demokratischen imperialismus" - wenn dem doch nur so wäre! für einen durchdachten imperialen machtstaatswillen des demokratischen westens in hinblick auf die politische und militärische durchsetzung einer cosmopolis, eines weltstaates planetaren ausmaßes und universalen anspruchs könnte der denkende mensch auch heute noch in die schranken treten - aber leider hat der westen bisher durch interventionen nichts anderes zustande gebracht, als mafiosen gewaltgruppen den weg zum "regionalen kapitalismus" zu ebnen.

(beitrag rnz märz 2011) 

zum vorschlag einer freiwilligen- und berufsarmee:

der artikel von frau dier (soldaten unabhängig ihrer nationalität anzuwerben, m.r.) weist zwar in die richtige richtung, greift aber zu kurz. wenn europa zwischen den sich formierenden machtblöcken bestehen will, müssen wir auf eine gesamteuropäische armee und verwaltung, sowie auf eine massive aufrüstung hindenken. eine multinationale, multiethnische und für frauen offene freiwilligen- und berufsarmee ist ein erster richtiger schritt; die option einer umfassenden mobilisierung durch eine allgemeine wehrpflicht bei bedarf im großkonflikt bleibt allerdings unerlässlich. die neue armee sollte jedem zum dienst bereiten menschen im allen laufbahnen offenstehen und die uneingeschränkten bürgerrechte einbringen. sie sollte keine divergierende "buntheit" (dier), sondern gesellschaftliche einheit praktizieren und hervorbringen, denn im kern brauchen wir einen neuen europäischen politen - und eine auf politischer rationalität basierende armee kann hierzu den boden bereiten.

(beitrag zeit november 2010)

zur islamaussage des bundespräsidenten:

die in deutschland teilweise in dritter generation lebenden muslime sind natürlich teil unserer heutigen gesellschaft, woraus aber noch lange nicht folgt, daß der islam zu den grundlagen oder prämissen unserer abendländisch-christlich und römisch-germanisch geprägten mittel- und westeuropäischen kultur gehört. solches gerede ist ahistorisch und falsch und kann nur als billiges angebiedere an minderheiten des wahlvolkes gewertet werden. jene wenigen kultureinflüsse, welche über die berührungen mit dem islam auf das abendland zurückreflektierten, waren ihrerseits hellenistischen oder persischen ursprungs und auch vom islam lediglich adaptiert. schlimmer noch als der historische mißgriff ist allerdings die politische indifferenz und zwanghafte werterelativierung, welche mit solchem politikergerede gesellschaftlich in mode gebracht wird. dies wird erschwert durch die tatsache, daß wir uns in einer zeitspanne des erstarkens religiöser irrationalismen befinden, deren einziges bedenkenswertes argument von vorübergehender demographischer natur ist. religion in massenausübung ist eben keine privatsache, sondern eine gesellschaftliche herausforderung von höchster brisanz und die institutionalisierte politische luxustierchen-großdekadenz in berlin sollte sich gut überlegen, ob sie einen bisher weitgehend reformresistenten irrationalismus wie den islam schön- und herbeireden will.

(beitrag rnz oktober 2010) 

zum rücktritt des bundespräsidenten:

die motive, welche herrn köhler bewogen haben mögen, seinen ihm vom deutschen volk als souverän übertragenen posten zu verlassen, sind politisch irrelevant. der art und weise nach gleicht sein abgang gegenüber dem gemeinwesen in der derzeitigen krisensituation einer feigen fahnenflucht und gegenüber seinen mitarbeitern als schäbig und charakterlos. das muß mit aller deutlichkeit ausgesprochen werden, da uns in den letzten beiden jahrzehnten immer wieder personen aus der wirtschaft in maßloser überhöhung angedienert wurden, welche sich letztendlich meist nur als rundumversorgte, überbezahlte kleinkrämer erwiesen. kann man sich einen dieser menschen im römischen senat vorstellen, während hannibal mit seinem siegreichen heer ad portas steht? - einfach lächerlich. wir faseln zuviel von wirtschaft und wohlstand - was wir brauchen, ist politik.

(beitrag rnz juni 2010)

 

zu anglizismen und jugend: 

in die klage über zuviele anglizismen im sprachgebrauch und spezifische jugendsprachen vermag ich nicht einzustimmen. für meine großeltern war die straße eine chaussee, der gehsteig ein trottoir, die liege ein chaiselongue. das haben wir auch hinter uns gebracht, ohne schaden genommen zu haben. wer bis jetzt des herakleitos panta rhei noch nicht verinnerlicht hat, wird es im strom der zeit nicht zum wellenreiter richtung zukunft bringen. auch ist die jugend durch eigene ausdrucksweise weder verblödet, noch des rationalen denkens nicht mehr mächtig - sie muß lediglich darin gefordert werden (face to face oder auch im chatroom). leider werden analytisches wissenschaftliches denken und rationalität in unserem veralteten schulsystem zuwenig gefördert. allerdings ist entgegen weitläufiger meinung das stadium der jugend nicht unbedingt durch weltoffenheit und großzügiges denken geprägt, sondern neigt oft zu schemata und dogmatismus. verbunden mit den leidenschaften und emotionen erwachender sexualität und hormonell bedingten irrsinns ("liebe") kommt es schnell zur ideologisierung irrationaler banalitäten (esoterik, spiritismus, religionsbasteleien, vegetarismus, miltanter tierschutz, konsumverweigerung u.a.m.). die beiden letzten jahrhunderte seit der levee en masse haben uns sattsam vor augen geführt, daß sich jugend (vor allem junge unzufriedene  männer) für vieles politisch instrumentalisieren und mobilisieren läßt, denn wo sich fülle und zweifel paaren, bekehrt man sich gerne zur gewalt (ernst jünger). erschwerend kommt hinzu, daß jugend in der medialen gesellschaft als wert an sich propagiert wird - aber auch dieses problem ist nicht neu: schon ernst niekisch, mit den jugendbewegungen und dem jugendkult seiner zeit wohlvertraut, mahnte in den zwanziger jahren an, daß jugend eben nur ein begrenztes biologisches entwicklungsstadium sei und ihm keine gesellschaftliche werthaftigkeit zukomme. leider haben wir zur zeit nicht jene erwachsene, welche der jugend ohne peinlichkeiten vorbild sein könnten - und erst spät küssen den menschen weisheit und altersmilde.

(beitrag rnz januar 2010) 

 

zum fall steinbach/vertriebenenzentrum:

das verhalten der bundesregierung, der kanzlerin und der parteien im fall steinbach kann m.e. nur als schäbig bezeichnet werden - indes halte ich ein vertriebenenzentrum für ebenso überflüssig, wie es holocaustmahnmale und gedenkstätten aller art schon lange sind. diese formen steingewordener und ideologisierter vergangenheitsaufbewahrung und -bewältigung, wie auch das ständig wieder aufflammende peinliche politische gezerre um rituale und gedenken, um immer neue opfergruppen und täterschaften diente bisher lediglich dem kampf um deutungshoheiten zwecks vorteilsnahme durch interessengruppen. der ständige rekurs auf problemstellungen der vergangenheit zeigt nur unser unvermögen, auch und gerade unter bleibenden opfern, gestalterisch in die zukunft zu denken. nicht schuldbekenntnisse, unbestimmtes versöhnungsgerede und gedenken tun not, sondern das erfassen gemeinsamer politischer zielsetzungen im hinblick auf neue planetarische ordnungen. wir brauchen keine gedenkstätten, sondern denkfabriken, keine mahnmale, sondern ausbildungsstätten, keine trauerreden, sondern öffentliche foren der diskussion um die fragestellungen unserer zukunft. ich halte es für an der zeit, opferinteressen und die im dienste von opfergruppen stehende geschichtsschreibung auf der schutthalde der geschichte abzulegen.

(beitrag sz märz 2009)

zu den unruhen in tibet:

den ausführungen des herrn achim wolf aus mannheim ist vorbehaltlos beizupflicheten: die lamaistischen klöster basierten wie der tibetische adel bis 1950 auf einem system des großgrundbesitzes und der damit verbundenen ausbeutung abhängiger bauern. diese abhängigkeitsverhältnisse reichten bis zum status der sklaverei - die geschichtswissenschaft hat gerade erst begonnen, die asiatischen sklavereisysteme zu erforschen. der dalai lama ist nicht das alleinige oberhaupt des tibetischen buddhismus, sondern seit seiner anerkennung durch die qing-dynastie im 18. jh. das weltliche oberhaupt der tibeter und hatte somit ein politisches amt inne, allerdings hat er zum jetzigen zeitpunkt keinerlei völkerrechtliche legitimation für die tibeter zu sprechen. die fast mystische überhöhung, die der damai lama im erschöpften westlichen bürgertum und in kreisen debiler intellektueller genießt, entspringt seiner kultivierung der dekadenz und der propagandistischen ausnutzung einer sich unscharf artikulierenden friedenssehnsucht einzelner individuen. die wahren spirituellen meister des ostens streben nach selbsterhellung und vervollkommnung der philosophischen lehre und suchen nicht jene medienwirksamen auftritte, welche teile des westlichen bürgertums in wahre verzückung setzen - die millionen tote im kongo, in dafur und osttimor interessieren dagegen kaum jemanden. auch der hierzulande weitverbreitete glaube, die tibeter seien im kern tiefreligiös und gewaltlos, erweist sich als falsch - was auch ein blick in die geschichte tibets hätte aufzeigen können. die demonstranten sind eben nicht jene selbstlosen und friedfertigen bataillone einer völkerbefreiung, wie in den medien gerne suggeriert wird, sondern eine entfesselte gewalt, welche sich zu plünderung, brandschatzung und zerstörung hinreissen ließ. unter dem gesichtspunkt politischer rationalität ist der rigorose etatismus der chinesischen zentralregierung zu befürworten und als beispielhaft zu bezeichnen. die weltgesellschaft auf ihrem weg zu einer planetaren ordnung bedarf keiner neuen autonomen regional- und kleinstaaten mit ungeklärten  souveränitäts- und machtansprüchen - weder in asien, noch in europa. eine großmacht wie china, die seit langer zeit über eine politische und kulturelle ökumene herrscht, darf sich nicht von geschätzten 3-6 millionen tibetern vor der weltöffentlichkeit zu einem wohlberechneten zeitpunkt unter druck setzen lassen - der ruf nach einem boykott der olympischen spielen zeigt lediglich die politische einfallslosigkeit und impotenz westlicher poltik, das gerede von einem "kulturellen genozid" kann aus begriffsdefinitorischen gründen nur als unsinn bezeichnet werden. 

(beitrag rnz april 2008)

zum begriff des "pogrom":

ich halte es für bedenklich, wenn herr fritz in seinem kommentar zu den äußerungen christian wulffs den gebrauch des begriffs "pogrom" auf die "reichspogromnacht" im jahre 1938 eingeschränkt wissen will - es zeigt indes, wie weit unsere selbstbeschränkung durch die "political correctness" bereits fortgeschritten ist. den vorwurf der relativierung in diesem zusammenhang an die adresse wulffs halte ich für absurd. begriffe sind zuerst grundsätzlich wertfrei, sie müssen zuvordest in ihrer sinnhaftigkeit erfasst werden. eigenschaft des begriffs ist ein durch ihn als wort erschlossenes sinnfeld; dies geschieht durch verallgemeinerung des besonderen, durch sprachliche generalisierung und durch abstraktion als reduktion von inhalten. in diesem sinnfeld eines wortes kommt es zu definitionen und festlegungen, welche innerhalb eines bestimmten gesellschaftspolitischen kontextes eine werthaftigkeit bis hin zum tabu konstituieren. diese setzungen werthafter inhalte in einen begriff entbehren nicht der willkür und der interessensetzung gesellschaftlicher und politischer gruppen. daran ist nichts grundsätzlich verwerfliches, indes kann es nicht sein, daß der geisteswissenschaft oder der politik durch institutionen mit eigeninteressen der wertfreie gebrauch bestimmter begriffe eingeschränkt wird. auch ein politischer begriff darf nicht der deutungshoheit von interessenverbänden unterworfen werden, sondern muß im gebrauch zur diskussion stehen.

(beitrag rnz november 2008)

zur freilassung der raf-häftlinge:

die sich in der diskussion um die freilassung der letzten raf-häftlinge befindenden begriffe der "gnade", der "reue", der "schuld", der "sühne" bieten nicht den rahmen sachlicher beurteilung eines abgeschlossenen und gescheiterten politischen kampfes. wir müssen uns darauf besinnen, daß es sich bei den gezielten liquidationen, welche die raf an vertretern von staat und gesellschaft vollzog, um politische akte handelte. diese müssen auch in ihren konsequenzen politisch, und nicht vom standpunkt emotionaler opferrolle aus beurteilt werden, zumal die staatsmacht keinen bußvollzug für persönlich erlittene verluste gewährleisten kann. beläßt die staatsmacht solche politische gegner in ihrer physischen existenz, so muß diesen nach dem scheitern ihres politischen kampfes nach angemessener zeit (welche m.e. zehn jahre nicht überschreiten sollte) gelegenheit gegeben werden, sich in ihrer subsistenz und ehre eigenständig zu behaupten. wir haben ein jahrhundert der politischen überspannung und erschöpfung hinter uns; für die gleiche politische tat war der täter 1930 noch ein revolutionär, 1950 ein rebell, 1970 ein terrorist - heute gilt er als psychopath. das scheitern der raf ist verbunden mit dem herabsinken der politischen gesetzeswidrigen tat zum gemeinen verbrechen in der rezeption durch medien und bevölkerung; das explizit politische auch in gewaltsamer etablierung von macht wird in der westlichen gesellschaft nicht mehr verstanden. dieser verlust des politischen ist auch eine der wurzeln unserer schwierigkeiten im verständnis der herausforderungen durch den politischen islamismus - wir fabulieren zuviel von frieden und wohlstand zu den bedingungen unserer überflußgesellschaft.

(beitrag taz februar 2007) 

nochmals zum raf-terrorismus:

(...) im kern ging es mir um eine unterscheidung der politisch motivierten gewalttat vom gemeinen verbrechen sowie um die anregung einer diskussion um das explizit politische in dem versuch, dem erfolg oder scheitern der gewaltsamen etablierung von macht. wir brauchen in unserem land eine diskussion, welche über reine harmonie- und friedensbedürfnisse hinausgeht und über bekämpfung wie auch integration der zahlreicher werdenden gewaltbereiten gruppierungen politischer und apolitischer art handelt. wir brauchen eine neue verortung politischer gewaltsamkeit in gesellschaftlichen prozessen, was m.e. unter rückgriff auf die rechtsphilosophie hegels und die staatstheorien von thomas hobbes und carl schmitt durchaus fruchtbare ergebnisse zeitigen kann. leider aber geht die diskussion wieder einmal nur um schuld und sühne, was soviel heißt wie: thema verfehlt, ungenügend.

(erwiderung an einen kritiker, mai 2007) 

zur hinrichtung von saddam hussein:

auch wenn es hierzulande nicht gerne gehört und noch weniger ausgesprochen wird: ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, daß hier ein mann - wenn auch tyrann - aufrecht, würdig und respektabel starb, derweil die vertreter der neuen irakischen justiz ein eher zweifelhaftes schauspiel boten. anscheinend haben sich die hoffnungen der amerikaner und der irakischen regierung, saddam hussein als feigling vorführen zu können, nicht erfüllt. die hinrichtung saddam husseins ist nichts geringeres als ein bedauernswertes symbol der niederlage einer ganzen reihe politischer ideen des westens in diesem uns letztlich fremden teil der welt: der idee der menschenrechte, der idee der säkularisation, und der idee rationaler staatlichkeit gegen religiöse irrationalismen und tribale strukturen. in völliger ignoranz der historischen voraussetzungen und leichtfertiger politischer fehleinschätzungen haben die amerikaner und ihre verbündeten nicht nur ein zumindest säkulares system gestürzt, sondern auch ein heterogenes staatsgebilde durch auflösung von armee und baath-partei seiner einzigen übergreifenden politischen strukturen im westlichen sinne beraubt. dauerhafte demokratisierung bedarf einer intakten bürgerlichen gesellschaft, welche in vielen ländern historisch nicht erwachsen ist. die diesen prozeß aber unterstützenden ideen der säkularisation und der rationalen staatlichkeit können auch bei autoritären politischen strukturen aufrechterhalten werden und durchaus fruchtbar sein. jede auflösung von staatlichkeit ist für den westen politisch kontraproduktiv und untergräbt die position unserer politischen ideen in der welt und im ablauf der geschichte.

(beitrag rnz januar 2007)

zum karikaturenstreit:

die unglückliche darstellung des propheten der muslime zeugt m.e. von geschmacklosigkeit und fehlender politischer weitsicht. sie ist zeichen der uns mittlerweile innewohnenden dekadenz, welche sich in einer fortschreitenden beliebigkeit des denkens unter dem deckmantel von individualismus und freizügigkeit manifestiert. damit einher geht eine unselige relativierung aller geistigen prinzipien und normen, welche unsere gesellschaft gar nicht mehr verstehen läßt, daß es immer noch menschen gibt, die nach prinzipien leben und sogar bereit sind, für deren durchsetzung einzustehen. ebenso untrügliches zeichen unserer dekadenz ist auch die tatsache, das sich der westen zunehmend durch irrationalismen eigener und orientalischer herkunft die gesetze seines politischen denkens und handelns aufzwingen läßt. unsere selbstgefälligkeit und überheblichkeit gegenüber den werten der eigenen wie auch der fremden kulturen behindert eine wirksame reaktion  gegen irrationalismen und deren teilung der menschheit in gläubige und ungläubige, heilserwartung und verdammnis. diese reaktion muß von einer verbindung der rationalen welterkenntnis mit rechtlich fundierten machtpolitischen mitteln ausgehen, denn gefühl und glaube rechtfertigen schlichtweg nichts. es wurden viele lippenbekenntnisse zur verteidigung der meinungs- und pressefreiheit geführt, indes ist angesichts unserer nachgiebigkeit gegenüber jeglichen befindlichkeiten z.b. der islamischen welt und ihrer aggressiven äußerungen, welche m.e. nicht der toleranz, sondern der indifferenz entspringt, die frage zu stellen, wer von uns denn bereit wäre, diese in der westlichen welt erkämpften ideale gegen ein infragestellung durch reaktionäre irrationalismen auch mit waffengewalt zu verteidigen und die folgen dieser behauptung politisch und moralisch zu vertreten? wer wäre gar bereit, zur befreiung des menschengeschlechts  gegen den fanatisierten irrationalismus zum angriff überzugehen, wie dies vor über zweihundert jahren der "staat der revolution" tat? wir ereifern uns gerne in toleranz und großzügigkeit - in wirklichkeit sind wir satt und feige.

(beitrag rnz februar 2006)

zum kopftuchurteil des bvg: 

"die äthiopier behaupten, ihre götter seien stumpfnasig und schwarz, die thraker, blauäugig und blond. wenn aber die rinder und pferde und löwen hände hätten und mit diesen händen malen könnten und bildwerke schaffen wie menschen, so würden die pferde die götter abbilden und malen in der gestalt von pferden, die rinder in der von rindern ... ihrer eigenen körpergestalt entsprechend." obgleich der ionische naturphilosoph xenophanes vor 2500 jahren mit diesen worten lediglich den anthropomorphen polytheismus kritisierte, hat er unbeabsichtigt das letzte urteil über die religionen schlechthin gesprochen. das gericht hat sich als unfähig erwiesen, im streit um das kopftuch ein urteil zu finden, welches dem vom menschen bereits erreichten punkt zunehmender geistiger erhellung angemessen wäre; auf klägerseite darauf zu bestehen, einer religiösen haltung durch äußerlichkeiten ausdruck zu verleihen, kann ohnehin nur infantil genannt werden. nach zweieinhalbtausend jahren geistesgeschichte, philosophie und aufklärung sollten wir zu einer konsequenten säkularisierung von staat und schule auch in deutschland fähig sein. wichtiger als unfruchtbarer rechtsstreit wäre eine ausweitung des geisteswissenschaftlichen unterichts mit dem ziel, die jedem menschen inhärente autonome vernunft sowohl zur erkenntnis der zusammenhänge, als auch zur ethischen bestimmung verantwortlichen handelns auszubilden. in diesen rahmen kann dann auch das religiöse bewußtsein individuell-psychologisch und gesellschaftlich-historisch eingeordnet werden, womit auch der demonstrativen irrationalität religiöser eiferer entgegengewirkt werden kann, denn eine auf irrationalität ausgedehnte toleranz bleibt auch unter prinzipien der aufklärung fragwürdig.

(beitrag sz und rnz oktober 2003) 

zum zweiten irakkrieg:

der unselige krieg, den die usa und ihre verbündeten wider den irak entfacht haben, zeigt nicht nur die derzeitige begrenztheit der möglichkeiten menschlicher vernunft, sondern auch die beschränktheit jener technologischen errungenschaften, welche dieser vernunft nicht bedingungslos unterworfen sind. die angegriffenen setzen sich unverschämterweise zur wehr und der angekündigte hightech-sieg überlegener kräfte kann nur unter verlusten errungen werden. es bewahrheitet sich das wort des griechischen dichters: "vieles gewaltige lebt, das gewaltigste aber ist der mensch". letztendlich ist es der kämpfende mensch, welcher überwindet und überwunden werden muß - er bleibt in frieden und krieg die letzte instanz, an welcher jeder fortschritt sich beweist. 

(beitrag rnz märz 2003)

zur pisa-studie:

die betroffenheitsgesellschaft ereifert sich zur zeit über das ergebnis einer studie, deren repäsentanz für die weitere entwicklung derselben nicht einzuleuchten vermag. interessant indes ist der umstand, daß alle vorgebrachten analysen und lösungsvorschläge auf die wiederherstellung eines status quo ante hinauslaufen, als wäre in der geschichte jemals eine idealisierte rekonstruktion vergangener zeiten möglich gewesen. es wurde bereits festgestellt, daß der derzeitige gesellschaftliche kontext einer nostalgischen auflage zurückliegender erziehungsideale nicht mehr zuträglich ist. gleichermaßen ist das humanistische bildungsideal am menschen nicht mehr durchführbar, und nun heißt es auch abschied nehmen von dem aus egalitätsprinzipien basierenden bildungssystem, denn offensichtlich ist der an vermögen und bereitschaft unterschiedlich veranlagte mensch der schwachpunkt im gefüge. bildung, die über reproduzierbares informationswissen hinausgeht, einerseits fundamentale geistige einsichten und haltungen herausbildet, andererseits ein in die zukunft weisendes kühnes denken entwickelt, führt zu elitären und hierarchischen strukturen und eröffnet einzelnen wie auch gesellschaftlichen gruppen die möglichkeit ungeahnter aristie. diese konsequenz in betracht zu ziehen, widerstrebt der deutschen philsterseele und so müssen wir uns wohl auf ein begräbnis 3. klasse vorbereiten, denn wer beherzigt schon die weisung nietzsches, daß zu stoßen ist, was ohnehin schon fällt.

(beitrag rnz dezember 2001)

zur leitkultur:

im 100. todesjahr nietzsches ist es angebracht, an ein wort jenes denkers, der am beginn des zeitalters stand, an dessen ende wir heute stehen, zur deutschen kultur zu erinnern, welches lautet: "soweit deutschland reicht, verdirbt es die kultur" (ecce homo, 1889). auch wenn uns dieses urteil zu pessimistisch erscheint, ist es an der zeit, den gedanken der gemeinsamen europäischen, d.h. abendländischen kultur, zu welcher auch viele deutsche beigetragen haben, wieder in den mittelpunkt der argumentation zu rücken. es gibt im modernen mittel- und westeuropa keine nationale kultur, die definierbar wäre ohne rückgriff auf die abendländische gesamtkultur, deren fundamente durch hellenistisch-römische geistigkeit, römisch-germanische rechtslehre und staatsordnung, sowie christliche religiosität und geschichtlichkeit gelegt wurden und auf welchen sich die drei prämissen der abendländischen kultur wie auch des modernen europa (in anlehnung an karl jaspers), die ideen der historizität, der analytischen wissenschaftlichkeit und der persönlichen politischen freiheit herausgebildet haben. diese ideen vermochten es, den mittelalterlichen universalitätsanspruch (auch der deutschen könige als römische kaiser) der abendländischen kultur in die "worldrevolution of westernization" des 19. und 20. Jahrhunderts münden zu lassen und sind nach wie vor für deutschland, europa und die welt maßgebende geistige verpflichtung.

(beitrag rnz november 2000) 

 

zum philosophen-streit:

sloterdijk, deutschlands ebenso geistreicher und brillanter wie historisch und quellenkritisch wenig sattelfester philosoph, hat gesprochen: "regeln im menschenpark" - und ein aufschrei künstlichen entsetzens gellt durch die kleine welt der bürgerlichen akademischen gemeinde. sloterdijk spreche die sprache der "ns-doktrin", wettern philosophen und ethiker, soziologen, theologen und moralisten, feuilletonisten und heilige.

in vollkommener ignoranz des jeweiligen historischen kontextes wird selbst vor der abgeschmackten kausalitätskette "platon - luther - nietzsche - hitler" nicht zurückgeschreckt, um zeugnis geringer geisteshistorischer sachkenntnis abzulegen. wieder einmal sieht das gemeine volk staunend, daß sich die bezahlte geisteswissenschaft als nicht stark genug erweist, ihre halbhumanistische nabelschau unter dem schatten hitlers zu überwinden und neue denkansätze zu entwickeln, welche es der geisteswissenschaft - allen voran der philosophie - endlich ermöglichten, in aktuelle naturwissenschaftliche und gesellschaftliche entwicklungen wegweisend und normativ einzugreifen, statt nur eine nachträgliche interpretation des faktischen zu liefern.

aber die grundsuppe der einhelligen ablehnung liegt weder in ethos noch vernunft, sondern einzig in der nackten furcht vor dem denkbaren, daß dem homo sapiens sapiens, sei es durch zufällige mutation oder gezielte züchtung, ein neuer homo sapiens ... gegenübertreten und ersterem durch einen gewaltakt ein jähes ende bereiten könnte. die drachensaat des kadmos könnte gar auferstehen und durch resistenz, geistige überlegenheit oder pure animalische vernichtungskraft die derzeitige wohlstandssofa-gelehrsamkeit überflüssig werden lassen.

ja, das ist ein gedanke, der nicht an akademien gelehrt wird und sowohl kühnheit als auch wahrhaftigkeit voraussetzt: daß der homo sapiens sapiens überwunden werden wird, wie der homo sapiens neanderthalensis und der homo sapiens cro-magnon auch überwunden wurden - aber eben nicht im sinne nietzsches, dessen übermensch ja als geistiges prinzip im derzeitigen menschen selbst potentiell schlummert, sondern durch ein bologisch fortgeschrittenes menschengeschlecht, über welches wir heute noch keine aussage treffen können.

wo feder und schwert in einer hand liegen, begrüßt man die heraufkunft eines neuen zeitalters, dessen herausforderungen dem geschlechte der menschentiere neue schrecken und neue größe lehren werden, denn man weiß um das volle maß der geistigen herrschaft, die dem menschen auch in seinen fortzeugungen gegeben ist.

(beitrag rnz oktober 1999)  

 

 

 

nekrolog zu ernst jünger unter der rubrik viva la muerte.