agon und eros

"wenn man nur die wahl hat zwischen feigheit und gewalt, würde ich zur gewalt raten." (mahatma gandhi)

 

"denn gerecht ist ein krieg für diejenigen, für die er notwendig ist, und heilig sind die waffen, wo nur in den waffen noch hoffnung ist." (livius)

 

 

ehre den kampf und kämpfe um ehre. würdige die liebe und werde ihrer würdig. opfere deshalb dem ares und dem buddho amida gleichermaßen und ohne sie um etwas zu bitten. vertraue auf dich selbst und enthalte dich jeglichem aberglauben. fechte einen guten und aufrechten kampf. liebe und sieg, solltest du dich ihrer für würdig erweisen, werden dir geschenkt werden, denn vieles hat seinen preis und manches sogar einen wert, aber das beste wird dir immer umsonst zuteil.

wie es gemäß den worten des erhabenen aristoteles die eine stunde des glücks und der erfüllung vermag, jahre verzehrender sehnsucht und erbrachter opfer aufzuwiegen und vergessen zu machen, so ist es der eine blitzstrahl der tat, das fechten eines guten kampfes, welcher dem schweife eines kometen gleich das gesamte firmanent deines lebens aufleuchten und sich erhellen läßt. 

achilleos:

zwölf von ihm selbst am skamander gefangengenommene troische jünglinge opferte der peleiade in seinem bebenden zorn an der verbrennungsstätte seines freundes patroklos, diesem zu ehren und seiner selbst zur befriedung. wir vernehmen solche tat heute mit erschaudern ob ihrer maßlosigkeit, indes darf das festhalten des achilleus an der ungeheuerlichkeit, konsequenz und grausamkeit seiner rache als höchste manifestation seines unbändigen willens, als höchste in seiner zeit der götter und heroen mögliche steigerung menschlicher individualität und unabhängigkeit, ja autokratie gedeutet werden, welche der krieger und fürst selbst innerhalb damaliger rechtssetzungen für sich beanspruchen konnte - stand er doch aufgrund seiner kampfkraft und waffenmacht letztlich außerhalb gültiger rechtsordnug und war gar in der lage, ohne einhalt selbst rechtsetzend zu wirken und die unsterblichen götter in die schranken zu fordern. kriegerische selbstbehauptung, politische selbstbestimmung, persönliche freiheit in wille und entscheidung stehen somit als leuchtende morgenröte einer neuen geistigkeit hinter dem zorn und der rachsucht des peleiaden an der wiege abendländischer tat - selbst in der grausamkeit des menschenopfers setzte sich das homerisch-archaische abendland in seinen heroen zuerst als ein kriegerisches und individuell bestimmtes. zorn und rache, wie sie sich an anfang und ende der ilias darstellen, bestimmen bis in unsere zeit persönliches und politisches wirken des menschengeschlechts und der edle peleiade bleibt uns grundlegendes beispiel kriegerischer ursprünglichkeit und willentlicher politischer machtäußerung.

"rache ist die wahre quelle der freiheit, sie ist die einzige gottheit, der wir opfern sollten." (alexandre rousselins)

mike tyson:

1997 erlangte ein boxkampf im schwergewicht zwischen evander holyfield und mike tyson bleibende berühmtheit durch die tatsache, daß letzterer im infight seinem kontrahenten in unkontrollierter aggression ein stück von dessen ohr abbiss. in der folge kam es zu völliger verkennung dieser tat durch die medien, welche das ereignis in den bereich einer psychopathischen persönlichkeitsstörung abdrängten. in wahrheit zeigte tyson uns in gleichermaßen erschreckender wie erhellender weise einen teil der dem menschen immanenten atavismen, eine art reptilienhaftigkeit, über welche die kulturgeschichte bisher lediglich eine zivilisatorische kruste legte. im vorliegenden beispiel hochmotiviert und erfüllt von unbändigem siegeswillen, sowie verstärkt durch die unterschwellige angst vor schande und niederlage angesichts seiner im kampfgeschehen offenbar werdenden mangelhaften technischen mittel wurde tyson der sportliche gegner zu einem todfeind, welcher vernichtet werden muß bis zur völligen vertilgung - eine art rückfall in den menschlichen kannibalismus. als nächster regressiver schritt hätte bei tyson gleich einem reptile die völlige verschlingung des kontrahenten angestanden, wenn sie denn anatomisch möglich gewesen wäre. hierbei ist es übrigens weitgehend unerheblich, ob sich die bewußtseinsveränderungen in ausrichtung auf die atavismen aufgrund einer hingebung sieghaften blutrausches oder in verzweifelter gegenwehr entwickeln - bedeutend ist lediglich ihre trotz menschlicher kulturgeschichte latente möglichkeit, sowie ihr offenbarwerden innerhalb eines kampfgeschehens als extremste menschliche energieentfaltung.     

ernst jünger:

in seiner tischrede zum anlaß seines hundertsten geburtstages führte ernst jünger in kurzen worten aus, daß er seinerzeit in den dienst der fremdenlegion und später in den ersten weltkrieg eintrat, um in der realität kennenzulernen, was er bereits aus büchern zu kennen glaubte und er verabsäumte nicht, zu betonen, wie enttäuschend ihm diese realität letztendlich wurde. mit den worten marxens, ob denn eine ilias geschrieben werden könne mit schießpulver, faßte jünger das problem allen ruhmdurstigen kämpfertums. gleich einem fotografen, der nur bilder ablichtet, welche bereits vor seinem geistigen auge gestalt geworden, zieht der kämpfer über die erde auf der suche nach entsprechungen zu den literarischen bildern der das heilige ilion umlagernden heroen der achaier, welche uns bereits homeros als erste großartige epische leistung des abendlandes in ruhm und kampf, schicksal und zorn, aufstieg und niedergang eindrucksvoll schilderte und die durch die menschheitsgeschichte seither ins schier unermeßliche bereichert und vervielfältigt wurden. diese vielen tatmenschen zueigene form der adaption des literarischen kann sich natürlich nur als fruchtbar erweisen bei jenen, welche dadurch befreien und katalysieren, was ohnehin in den zugriffsbereiten schichten ihres denkens und fühlens potentiell schlummert, gärt, verborgen liegt. zu glauben, der mensch könne produkt oder gar opfer der literatur werden, hieße den einfluß und die macht der literarischen abstraktion zu überschätzen - vielmehr wird das verborgene vorhandene durch prägnante formulierung bei annähernd gleichem erfahrungshintergrund auf eine höhere, klarere, einsichtigere ebene erhoben und gilt fortan als anspruch des suchenden und reflektierenden geistes an die realität. wo sich diese dem gedanken und bilde gegenüber als ungenügend erschließt, beginnt die eigentliche aufgabe des kämpfenden menschen, der kampf um die gestaltung der welt nach dem bilde des neuen, klaren, erhabenen.     

 

tat und grausamkeit:

in der geschichte sehen wir oft genius und grausamkeit seit an seit bis zur leidenschaftlichen verschmelzung in derselben person, der gleichen sache, der einheitlichen organisation in ausrichtung auf eine erhabene zielsetzung. die berechtigte tiefenpsychologische auslotung des phänomens ist wissenschaftlich notwendig, aber in unserem zusammenhang dem kämpfer angemessen ist vorrangig die einsicht in die faszination an der größe des grauens, welche eine adäquate größe der macht und des willens zur tat voraussetzt. weder bedauern noch mitleid oder gar erschrecken sind die maßstäbe, welche sich der kämpfer bei seinem gang durch die geschichte zueigen machen sollte; er hat vielmehr die große tat und den machtvollen willen jenseits aller moralischen wertung anzuerkennen und zu ehren. so ermangelt ihm im grunde auch jeder wohlwollend wertende bezug auf die not und das leiden der opfer und der zur passivität verurteilten - was nicht zwingend ausschließt, daß er in der gesellschaftlichen realität und im politischen kampf denselben im rahmen seiner möglichkeiten und zielsetzungen schutz zu gewähren bereit sein muß als eine seiner vornehmsten aufgaben der machtentfaltung. das unumschränkte bekenntnis zur tat indes impliziert ähnlich dem rausche der liebe in letzter konsequenz die hinnahme der daraus sich ergebenden verluste und niederlagen, der leiden und schmerzen, der möglichen abgründe menschlichen handelns. nichts scheint dem kämpfer zweifelhafter als die z.z. in der bürgerlichen spätgesellschaft durch ihren pazifizierenden relativismus betriebene institutionalisierung historischer und gesellschaftlicher opferrollen bei gleichzeitiger abwertung der bereitschaft zur tat unter verlusten, denn er handelt aus dem bewußtsein sich historisch vollziehender notwendigkeit und in ausrichtung auf die äußerste positive zielsetzung menschlicher energieentfaltung. zurecht spricht hegel abfällig von den kammerdienern und schulmeistern, welche das unschuldige blümlein am wegesrand bedauern, das der sich selbstbewußt werdende weltgeist in seiner leidenschaft dialektischer selbstbewegung zertritt. die unschuld der passivität ist keine relevante politische und historische größe und  u.e. vollkommen ungeeignet zur proklamation moralischen anspruchs oder gar unumschränkten politischen schutzes.  

dualität als aufgabe:

der kämpfende mensch befindet sich auf einer permanenten gesellschaftspolitischen und geschichtlichen gratwanderung. wurzelt einerseits seine bewußte existenz in den historisch gewachsenen ethischen prinzipien seines standes und schöpft er seine tatkraft und das geistige rüstzeug für seinen kampf aus dem fundus alter bewährter tugenden, so muß er anderseits, will er seiner aufgabe als historisch progressive kraft gerecht werden, auf der höhe seiner zeit und der zeitgeistigen verfassung seiner gesellschaft stehen. er ist somit in die pflicht genommen, aus den traditionen seines standes heraus die zeichen seiner zeit, d.h. jene neuen geisteshistorischen und gesellschaftspolitischen kräfte mit welchen das menschengeschlecht schwanger geht, zu erkennen und diesen - u.u. unter notwendigen modifikationen - zum durchbruch zu verhelfen. niemandem wird erfolg beschieden sein, welcher versucht, sich gegen die kräfte seiner zeit zu stellen oder gar das rad der geschichte zurückzudrehen. der kämpfer aber steht auch nicht losgelöst von aller bindung im politischen raume, sondern weiß um sein historisch gewachsenes geistiges und materielles fundamet, dessen vorteile wie auch dessen verbesserungswürdigkeit. ebenso scheiterten bisher aber auch jene, welche ihrer zeit geistig zu weit vorausgeeilt waren, denn keiner ihrer zeitgenossen vermochte ihnen zu folgen in das unbestimmte, allzuferne. der politisch progressive kämpfer hat somit die aufgabe, auf der höhe seiner zeit und an der spitze der relevanten fortzeugenden kräfte seine gewachsene autorität in wort und tat auf die waagschale organisierter massenbewegung zu legen in ausrichtung auf die geistige erhellung des menschengeschlechts und die errichtung des rationalen weltstaates. aus seiner position im spannungsfeld der moderne erwächst dem kämpfer die persönliche pflicht eines konsequenten vernunftgeleiteten denkens, handelns, lebens und die fortwährende ausbildung seines geistes und seiner fertigkeiten.

herakleitos:

wir maßen uns nicht an, in den philologischen streit bezüglich des herakleitos fragment nr.53 (diehls), um die frage, ob der krieg (polemos) der "vater aller" oder der "vater aller dinge" sei, einzugreifen - dies ist für unsere betrachtung unerheblich. gleiches gilt für das problem der deutung: ob der krieg (gemeinsam mit dem fragment nr.80) eher gemäß seiner gegensatzlehre des logos epistemologisch-metaphysisch oder im wortlaut unter einer realpolitisch-historischen konnotation der polisproblematik (machtpolitisch und sozial) zu deuten ist. für uns von interesse ist allein der sachverhalt, daß dem kriege vaterschaft zugesprochen wurde: vaterschaft - d.h. zeugungskraft für "alle" bzw. "alles". auf solche vaterschaft aus dem schoße des chaos, des schreckens, der willkürlichen, elementaren vernichtungskraft bezogen sich auch die schriftsteller des soldatischen nationalismus (schauwecker/jünger) und selbst noch des zweiten weltkrieges (loupe, degrelle). auch diese sichtweise sei hier nur erwähnt - sie kommt jenen zu, welche den krieg durchlebten und dennoch die geistige kraft fanden, ihn unter übergeordnete prinzipien zu stellen. für uns wesentlich ist weniger die frage, wessen vater der krieg ist, als jene frage, wessen sohn er denn sei - wird doch oft suggeriert, der krieg komme einem verhängnis oder einer naturgewalt gleich über die gesellschaft und erfasse den menschen rein schicksalhaft oder gemäß darwinistischer naturgesetzlichkeit. indes lehrte bereits thukydides den krieg als einen interessenskonflikt der verschiedenen gemeinwesen. wir wollen hier auch von einer diskussion um die psychologischen aggressionstheorien absehen, denn gleich, ob wir den schwerpunkt psychologisch auf den einzelnen oder politisch auf die gruppe (gesellschaft) legen: offensichtlich ist das faktum brutum, daß keinem anderen als dem menschen die vaterschaft für seinen sohn, den krieg, zukommt. der krieg ist zu bezeichnen als der legitime sohn des kämpfenden menschen, er entspringt seiner gewalt- und konfliktbereitschaft, seinem überlebens- und machtwillen, seinem konkurrenzdenken, seiner psychischen konstitution, seiner geisteshaltung und er lebt durch seine konditionierung, seinen willen, seine tat, seine handlung. nicht nur, daß der krieg als der sohn des menschen zu benennen ist, mehr noch: er tobt in ihm, nährt sich aus seinem feuer, lodert durch seinen haß, erhebt sein schreckenshaupt durch seine gier und kampfeslust. so betrachtet wird potentiell jeder einzelne mensch als vater und sohn zum ursprung, träger, vollstrecker der konfliktgröße krieg - diese verantwortung nehmen ihm weder einfältige morale noch der versuch passiver haltung. der krieg mag, einmal in gang gebracht, elementares entfesseln, aber er entspringt nicht den elementen; einzig der mensch setzt die mühle der gewalt in gang und wird seinerseits wiederum durch ihren mahlgang zusehends enthemmt, d.h. seiner elementaren tierhaftigkeit und den abgründen latenter atavismen zugeführt. es hilft uns nicht, von diesen in der empirie manifesten konditionierungen - sie mögen beim einen mehr, beim anderen weniger heftig zutage treten, sie mögen evolutionsbiologisch oder mentalitätsgeschichtlich bedingt sein - absehen zu wollen im naiven glauben an den im kern guten und friedfertigen menschen. angesichts latenter und entfesselter irrationalismen bleibt dem menschengeschlecht und damit dem kämpfenden menschen einzig die konsequente ausbildung und weiterentwicklung des menschlichen bewußtseins gemäß der tradition der aufklärung in richtung zunehmender vernunftanwendung mit dem ziel einer eingrenzung des immer noch dem menschen immanenten animalischen, inhumanen - womit auch eine der vornehmsten pflichten allen kämpfertums bezeichnet ist.

(wird fortgesetzt)

"in uns sind wir alle die gafährlichsten revoluzzer; und es ist wichtig, daß diese tatsache allen denen bekannt ist, die gerade die schwelle zum reifen, vorgerückten alter gesund und munter überschreiten." (jung)

"was kann man von einem krokodil lernen? die gefahr in der stille. die konzentration. eine gefahr, die so lauert, entfaltet eine brutale gewalt." (erdal yildiz)